Wo ich derzeit lebe und arbeite: Der Campus der Mzuzu University

 

Untergebracht bin ich in dem besseren der beiden Gästehäuser der Uni in der Nordostecke des reichlich mit Bäumen bestandenen Campus. Dort bewohne ich eine einfaches aber sauberes Zimmer mit eigenem Bad mit funktionie-render (Kaltasser)Dusche und zwei weitere Gästezimmer. Es gibt ein gemeinsames Wohn- und Esszimmer und eine Küche dazu, wo ich nicht viel tätig bin, aber meine Nachbarinnen: zwei norwegische Krankenschwester-studentinnen (B.Sc.), die hier ihr Praktikum am örtlichen Krankenhaus machen und ihre Bachelorarbeit schreiben. Sie sind begeistert von Malawi, das sie auch mit vielen anderen afrikanischen Ländern vergleichen können, die sie schon bereist haben. Als junge Frauen hätte sie hier keinerlei Probleme gehabt. Ansonsten meinten sie, sie hätten hier häufig Zeiten erlebt, wo es entweder keinen Strom oder kein Wasser gäbe, manchmal auch beides nicht. Dafür haben sie sich mit Kerzen (ich mit einer Solarlampe) bzw. mit Wasservorräten in alten Trinkwasserflaschen gerüstet. (Für Mittwoch den 13.12.18 hat ein landesweites Bündnis von Kirchen und anderen Organisationen landesweite Proteste gegen die mangelhafte Reformpolitik der Regierung angekündigt, die u.a. zur der gegenwärtigen Elektrizitätsversorgungskrise geführt hat.)

Mein täglicher kurzer Arbeitsweg
Mein täglicher kurzer Arbeitsweg

Heute Morgen bin ich wie sonst in Hannover auch um 7 Uhr zuhause aufgebrochen und war schon fünf Minuten später schon in meinem Arbeitszimmer im Haus des forstlichen Fachbereichs der Uni, das ursprünglich mal ein Wohnhaus war.

Das Gebäude des Department of Forestry
Das Gebäude des Department of Forestry

Prof. Lusayo Mwabumba hat mir in seinem Zimmer einen Schreibtisch zur Verfügung gestellt uns sogar meinen Namen mit an die Tür geschrieben. Er ist ein überaus netter und umgänglicher Kollege, der den Fachbereich ab 2002 mit aufgebaut hatte. Er ist 55 Jahre alt und hat zusammen mit dem Kollegen Bennet Mataya sein Forststudium in Bangor (Wales) absolviert, weil es so etwas damals in Malawi noch nicht gab und er nicht unbedingt nach Südafrika wollte.

Raum ist in der kleinsten Hütte: Mein Arbeitsplatz (rechts)

Seit vorgestern genieße ich die Möglichkeit, zwischen 12 und 13 Uhr im nahegelegenen Hauptverwaltungsgebäude der Uni ein kostengünstiges (ca. 1 €) und schmackhaftes Essen (auch ohne Fleisch) zu bekommen. Die Kantine heißt „Hospitality Management Lab“ und wird von den Studierenden der Faculty of Tourism & Hospitality Management betrieben, die da üben Gäste zu bekochen und zu bedienen.

Am Eingang wird erst einmal ein Quittungsbeleg ausgefüllt ..
… und dann geht es an die Essensausgabe wo man freundlich bedient wird.
Die Zufahrt zum Hauptgebäude
Die Zufahrt zum Hauptgebäude
Unibibliothek
Ein Versammlungssaal dient zur Zeit als Unibibliothek nachdem diese abgebrannt war. Gestern Abend hatte ich mir da mal den minimalen Bestand an forstlichen Büchern angeschaut. Um 21 Uhr war die Bibliothek noch voll mit eifrig lernenden Studierenden!

Angesichts des eklatanten Mangels an Fachliteratur nach dem Bibliotheksbrand sind die mehr als 12 kg englischsprachiger Fachücher (zum Teil aus Indien stammend), um die ich meine Regale zuhause erleichtert hatte, hier sehr gerne entgegen genommen worden. Sie wurden in der Forstabteilung registriert und anscheinend auf die fachlich interessierten Kollegen verteilt. So werden sie auf jeden Fall besser genutzt als wenn sie in meinem heimischen Arbeitszimmer einstauben.

Studierende
Studierende in der Mittagspause. Immer und überall findet man Gruppen die lernen oder ihre Freizeit genießen.

Stromausfall und Holzwirtschaft in Mzuzu

Halbierung der angekohlten Kiefernstämme mit der Motorsäge
Halbierung der angekohlten Kiefernstämme mit der Motorsäge

Am Nachmittag haben Lusayo und ich die Gelegenheit eines – wie ich im Nachhinein hörte – landesweiten Stromausfalls (damit auch Wasserausfall!) genutzt und sind zum Markt gefahren. Zunächst schauten wir bei zwei kleinen Sägewerken vorbei. Im ersten wurden dicke Kiefernstämme mit einer Motorsäge (ohne jegliche Schutzmaßnahmen) längs halbiert, vermutlich damit sie dann besser (von Hand) bewegt werden konnten. Anschließend erfolgte der Einschnitt auf einer motorbetriebenen Kreissäge. Die fertigen Bretter und Bohlen wurden per Hand verladen.

Einschnitt mit der Kreissäge
Einschnitt mit der Kreissäge
Transport der Bretter zum LKW
Transport der Bretter zum LKW

Viele der Stämme dort wiesen deutliche Waldbrandspuren auf. Es könnte sich um solche Fälle handeln, von denen Lusayo berichtet hatte: Kleine Sägewerker zünden Plantagen damit die Großunternehmen sich nicht mehr dafür interessieren und sie den Zuschlag für die Arbeiten bekommen. Es wird wohl auch sehr viel Holz illegal eingeschlagen. Es wird zunehmende Korruption bei den Forstbeamten beklagt, aber selbst der Einsatz von Militär zum Waldschutz konnte die illegalen Einschläge nicht wirklich verhindern.

Prof. Lusayo Mwabumba im Gespräch mit einem Tischler
Prof. Lusayo Mwabumba im Gespräch mit einem Tischler

Wenige hundert Meter entfernt gab es dann etliche Tischlerwerkstätten, die Schnittholz weiter verarbeiteten. Ein der Firmeninhaber klagte darüber, dass die Holzversorgung qualitativ und quanti­tativ immer schlechter werde. Früher sei gutes Holz vorrangig in die Nachbarländer exportiert worden. Heute gebe es kaum noch welches. Oft seien auswärtige Firmen im Holzgeschäft tätig, denen es egal sei, wenn die lokalen Vorräte sich erschöpften. Konzessionäre würden die vorgeschrie­benen Wiederaufforstungen völlig unzureichend durchführen. Auch hier sei Korruption im Spiel. Vor Ort würde man sich mehr für eine nachhaltige Nutzung engagieren. Aber arme Leute, die keine Mittel zu politischen Einflussnahme hätten, stünden diesem Verlust ihrer Lebensgrundlagen machtlos gegenüber.

Ein interessanter aktueller Artikel dazu erschien am 3.9.2017 in einer schottischen Online-Zeitschrift.  Etwas veraltete fachliche Daten zur Forst- und Holzwirtschaft in Malawi bietet der „Country Report – Malawi“ der FAO von 2001 und weitere (aktuellere!)  Daten zu Malawi unter dem FAO Country Profile Malawi.

Hobelarbeiten
Hobelarbeiten
Herstellung einfacher Möbel
Herstellung einfacher Möbel
Produktbeispiele
Produktbeispiele
Mäßige Produktqualität
Mäßige Produktqualität
"Fabrik" für Flechtsofas (hinten) mit " mit "Showroom" (vorne)
„Fabrik“ für Flechtsofas (hinten) mit “ mit „Showroom“ (vorne)

Ein weiteres Unternehmen produzierte direkt am Markt geflochtene Möbel. Das Rohmaterial, eine Kletterpflanzen, holt man sich selbst direkt aus dem Wald. Eine „Sitzlandschaft“ aus zwei großen und zwei kleinen Teilen sollte etwa 100 € kosten.

Weitere Produkte aus Waldkletterpflanze geflochten
Weitere Produkte aus Waldkletterpflanze geflochten

Schließlich kamen wir Ende des Geländes noch zu den qualmenden Haufen aus Sägemehl und Hobelspänen, die dort Tag für Tag die Umwelt verpesten.

Verbrennung von Spänen und Sägemehl
Verbrennung von Spänen und Sägemehl

Ich empfahl Lusayo erneut (Wir waren ja schon ein paar Mal durch die Rauchschwaden gefahren.) , eine Studienarbeit über die Möglichkeiten der Brikettierung des Materials anzuregen, durch die ein guter Ersatzstoff für das immer knapper werdende Brennholz entstünde.

Als wir ins Büro zurückkamen war der Strom leider immer noch nicht wieder da. Am Morgen hatte ein Kollege geklagt, in seinem Wohnviertel gäbe es schon seit zwei Tagen keinen Strom mehr. Zumindest die Universität, die sogar einen Studiengang „Energy Studies“  mit einem „Test & Training Centre for Renewable Energy Technologies (TCRET)“ hat sollte sich durch PV-Anlagen auf den eigenen Dächern eigentlich vor diesem immer größer werdenden Problem schützen. Notstromaggregate scheint (im Gegensatz zu Indien) es kaum zu geben. Sogar Windenergienutzung erscheint bei den zumindest tagsüber oft starken Winden sinnvoll.

Kurz nach 17 Uhr, als ich das alles geschrieben und die Fotos aufberreitet hatte, war der Strom zum Glück wieder da und ich konnte gleich alles hochladen.

Als Senior Experte an der Mzuzu University in Malawi (3. – 21.12.2017)

Über den Senior Experten Service (SES) bin ich an die Mzuzu University im Norden Malawis vermittelt worden, wo ich die Arbeit dort kennenlernen und dann Anregungen zur Verbesserung der Lehre und Forschung im Bereich Forstwirtschaft geben geben soll.

Zwischenstopp an einer forstlichen Ranger-Station am Perekezi Forest Reserve
Zwischenstopp an einer forstlichen Ranger-Station am Perekezi Forest Reserve

Schon auf der Anreise von der Hauptstadt Lilongwe nach Mzuzu zusammen mit Ass. Prof. Lusayo Mwabumba habe ich gleich am ersten Tag schon sehr viel über die Situation des Waldes und seiner Nutzung erfahren. Für die etwa 390 km lange Strecke, die sehr gut ausgebaut und meist wenig befahren war, haben wir etwa 6 Stunden benötigt, weil wir häufig angehalten haben. Ich wollte vieles erklärt bekommen und fotografie­ren.  Auf den ersten 2/3 der Strecke gab es allerdings nur wenig Wald, sondern meist landwirtschaftliche Flächen mit Streusiedlungen. Jetzt, zu Beginn der Regenzeit, waren viele Flächen gerade eingesät oder bepflanzt worden, u.a. mit Tabak. Für dessen wird Trocknung sehr viel Brennholz verbraucht und dieses sollte eigentlich auch extra auf 10% der Tabakflächen angebaut werden, aber die Durchführung dieser Vorschrift wird kaum kontrolliert und deshalb auch kaum beachtet. Im Bergland vor Mzuzu gab es dann richtigen Wald, zum Teil den natürlichen Miombowald und auch größere Plantagen mit Kiefern (und etwas Eucalyptus), die einen sehr an deutschen Wald erinnerten.

Fast wie im deutschen Wald: Plantagen mit Pinus patula (links) und Pinus elliotii (rechts)
Fast wie im deutschen Wald: Plantagen mit Pinus patula (links) und Pinus elliottii (rechts)

Wir hielten auch kurz von einem Sperrholzwerk (Raiply), zu dem auch ein Sägewerk und eine ganz neue MDF-Produktion gehört. Da wollen wir dann noch mal einen Tag zur Besichtigung hinfahren. Auf den letzten 50 km waren dann erschreckend viele Waldbrandflächen zu sehen. Sie sollen auf dem Konflikt zwischen Raiply und vielen kleineren Sägewerken mit Mobilsägen herrühren, die um das etwas knappe Holz kämpfen. Dazu ein aktueller Bericht aus der Times Malawi vom 1.12.2016.

Auf dem Weg nach Mzuzu durch die bewaldeten Berge im Norden von Malawi
Auf dem Weg nach Mzuzu durch die bewaldeten Berge im Norden von Malawi